Trauern wir um Heimtiere ebenso stark wie um Menschen?

Forscher fanden heraus, dass die emotionale Nähe zu einem verstorbenen Lebewesen eine gewichtige Rolle spielt.

Sie werden als Teil der Familie betrachtet, tragen menschliche Namen und werden nach ihrem Tod bestattet. Heimtiere haben einen hohen Stellenwert im Leben vieler Menschen. In deutschen Haushalten leben etwa dreißig Millionen von ihnen. Das sind fast drei Mal so viele, wie es Kinder in Deutschland gibt. Die meisten Heimtiere haben eine weitaus geringere Lebenserwartung als Menschen. Das bedeutet, dass Heimtierbesitzer in der Regel den Tod ihres Tieres miterleben. Wer schon einmal ein Heimtier verloren hat, weiß, dass die Trauer darüber sehr intensiv sein kann.

Üblicherweise zeigt jeder Verständnis dafür, wenn man stark unter dem Tod eines nahestehenden Menschen, etwa eines Verwandten, Partners oder Freundes, leidet; die Trauer über den Tod eines Heimtieres wird jedoch oft weitaus weniger ernst genommen. Doch inwiefern ist diese Trauer überhaupt vergleichbar mit dem Gefühl, wenn ein Mensch verstorben ist? Es gibt einige wissenschaftliche Studien, die versucht haben, dies zu ergründen. In standardisierten Umfragen wurden Menschen nach der Intensität ihrer Trauer befragt. Bei Studienteilnehmern, die sowohl einen Menschen als auch ein Heimtier verloren haben, kann es jedoch passieren, dass sie versuchen, ihre Antworten gemäß gesellschaftlicher Konventionen anzupassen. Allein dadurch kann beispielsweise die Trauer über den Tod des Großvaters als stärker eingestuft werden, als die Trauer über den Verlust des Hundes.

In einer neuen Studie einer Forschergruppe um Lizabeth M. Eckerd versuchte man solch einen verzerrenden Effekt zu umgehen, indem Studienteilnehmer befragt wurden, die entweder nur um eine Person oder nur um ein Heimtier trauerten. Diese beiden Gruppen von Teilnehmern füllten Fragebögen aus, in denen es unter anderem darum ging, verschiedene Symptome ihrer Trauer der Stärke nach zu bewerten. Auch wie eng die Beziehung zu dem verstorbenen Menschen beziehungsweise zu dem verstorbenen Tier war, sollte eingeschätzt werden. Weitere in der Studie untersuchte Faktoren waren unter anderem die Todesursache und die Art des Heimtieres. Die Forscher versuchten so herauszufinden, was die Stärke der Trauer bestimmt.

Der Tierfriedhof „Aspin Hill Memorial Park“ in Silver Spring nahe Washington, D.C. (Bild: Amaury Laporte; CC-BY-NC-2.0-Lizenz)

Die Ergebnisse, die in der Fachzeitschrift Death Studies erschienen sind, zeigten, dass die Trauer im Durchschnitt tatsächlich etwas stärker bei der Teilnehmergruppe war, die einen Menschen verloren hatte. Bei den Teilnehmern, bei denen ein Mensch verstorben war, bestimmte unter anderem die Todesursache die Stärke der Trauer. So war die Trauer größer, wenn die Person beispielsweise bei einem Unfall gestorben war, als wenn sie unter natürlichen Umständen ums Leben kam. Bei den Tieren war das Ganze jedoch etwas komplizierter. Die Beziehung von Menschen zu ihren Heimtieren ist insofern einzigartig, dass die Besitzer wählen können, ihr Tier einschläfern zu lassen, wenn dieses beispielsweise sehr leidet oder sie die Kosten für eine lebenserhaltende Operation nicht aufbringen können. Heimtierbesitzer, die sich entschieden hatten, ihr geliebtes Tier einschläfern zu lassen, konnten also eine Art Erleichterung verspüren, dass das Leid vorbei war oder aber ein Schuldgefühl. Die Studie zeigte weiterhin, dass die Tierart (Hund oder Katze) nicht entscheidend dafür war, wie sehr die Besitzer den Verlust der Heimtiere betrauerten.

Der mit Abstand wichtigste Faktor für die Stärke der Trauer war jedoch die emotionale Nähe zu der verstorbenen Person oder dem Heimtier. Alle anderen Faktoren, auch ob es sich um einen Menschen oder um ein Tier handelte, spielten im Verhältnis dazu eine untergeordnete Rolle. So zeigte die Untersuchung, dass die Trauer über den Verlust eines Heimtieres, zu dem man eine intensive Bindung hatte, unter Umständen stärker sein kann, als die Trauer über den Tod eines Angehörigen.

Die Studienteilnehmer waren allesamt Studenten, also junge Menschen, die verhältnismäßig gut sozial eingebunden waren. Man kann sich also vorstellen, wie einschneidend der Tod eines Heimtieres für Menschen sein mag, welche mehr von Einsamkeit betroffen sind und bei denen das verstorbene Tier vielleicht der wichtigste Bezugspartner war.

Angelehnt an Rituale für verstorbene Menschen, haben sich auch für verstorbene Heimtiere Zeremonien und Bräuche entwickelt, die helfen sollen, mit der Trauer umzugehen. So gibt es in vielen Städten mittlerweile sogenannte Tierfriedhöfe, die ausschließlich der Bestattung von Heimtieren dienen. Bereits im 19. Jahrhundert entstanden solche Orte unter anderem in Frankreich, Deutschland und Großbritannien. Sie verdeutlichen den Wandel der westlichen Gesellschaften, die Haustiere nicht mehr primär als Nutztiere, sondern als Familienmitglieder ansahen, um die man in ähnlicher Intensität trauerte.

7 Gedanken zu „Trauern wir um Heimtiere ebenso stark wie um Menschen?

  1. Das Thema ist alles andere als neu bzw. ist es eher eine Zurückfindung zur (rituellen) Trauer, wenn es um Haustiere geht. Hierbei ist sicher vieles an Wissen verloren, aber zumindest bekannter ist, dass sich im alten Ägypten alle menschlichen „Angehörigen” einer Katze bei deren Tod die Augenbrauen abrasieren und tagelang Klagelieder singen und Trauerkleidung tragen mussten.

  2. Da hast du natürlich recht, C. Araxe. Um emotional nahestehende Haustiere wurde vermutlich in zahlreichen Kulturen und Zeitaltern getrauert, sicherlich auch in Form bestimmter Rituale. Die altägyptischen Trauerrituale nach dem Tod einer Katze sind auf jeden Fall sehr bemerkenswert.

  3. Danke für diesen wunderbaren Bericht, Schemenkabinett. Für Außenstehende mag die tiefe Trauer um ein Haustier unverständlich sein, doch wenn man sich bewusst macht, dass ein Hund oder eine Katze der trauernden Person zum Bespiel konstant Gesellschaft geleistet hat – anderes als Personen im Freundeskreis – macht es sehr viel Sinn, dass der Tod dieses engen Freundes so schmerzhaft ist.

  4. Das ist gerade (wieder mal) mein Thema, aus aktuellem Anlass… Vor knapp zwei Wochen musste ich meinen geliebten Kater sehr kurzfristig einschläfern lassen, was mir nahezu den Boden unter den Füßen wgggerissen hat. Nach wenigen Tagen, in denen ich es versuchte, zu verdrängen, mich abzulenken und zu funktionieren (was mäßig klappte), hänge ich nun, wo die Rückführung seiner Urne unmittelbar bevorsteht, total durch, seelisch und körperlich ausgelaugt und nur noch unter größter Kraftanstrengung den Alltag schaffend (zum Glück ist bald Urlaub). Ich hatte mein Leben lang immer Haustiere, aber dieser Kater war ganz besonders, noch nie habe ich von einem Tier derart viel Zuneigung zurück erfahren! Er war auch Halt für mich, als meine Mutter mehrfach dem Tode nahe war. Sein Verlust reißt eine immense Lücke, die so schnell kein anderesTier wird schließen können udn er wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.

    Als mein erster Kater vor 8 Jahren starb, ging es mir auch schlechter als beim Tod meines Vaters ein Jahr zuvor. Zu meinem Vater war das Verhältnis zwar sehr gespalten bis schwierig, wir hatten jahrelang keinen Kontakt, aber dennoch trauerte ich sehr um ihn. Mein Kater, der 16 Jahre mit mir gelebt hatte, riss dennoch eine etwas tieferere Wunde, in der nach seinem Tod leeren Wohnung hielt ich es kaum noch aus, die vertraute Gesellschaft fehlte. Auch wenn ich diesmal von meinen inzwischen zwei Katzen nur eine verloren habe, kann die andere, noch lebende, mich nur zum Teil trösten, aber es ist schon ein Unterschied, in eine leere Wohnung zu kommen oder noch jemanden hier zu wissen, auch wenn die Bindung deutlich schwächer ist als zu meinem verlorenen Kater…
    Freunde haben deutlich empatischer reagiert als Familie und Kollegen, hier wurde zum Teil offen Missbilligung über meine Trauer gezeigt, was sehr verstörend und verletzend ist. Auch wenn Menschen, die nie ein Tier hatten, das vielleicht nicht nachvollziehen können, dass man sehr um sein Haustier trauern kann, so sollte sich neimand ein abfälliges Urteil darüber anmaßen, finde ich. Außenstehende wissen nichts von dem tiefen Band, das auch zwischen Mensch und Tier entstehen kann. Gerad wenn man von Menschen oft schwer enttäuscht wurde, sind Tiere in ihrer ehrlichen Zuneigung und Empathie sehr wohltuend.

  5. Danke Tanz(fleder)maus, dass du deine persönlichen Erfahrungen mit uns teilst und herzliches Beileid zu deinem schmerzlichen Verlust. Es zeigt sich hier doch sehr eindrücklich, dass die Stärke der Bindung, die zu Lebzeiten zwischen Tier und Mensch bestand, enorm wichtig ist, um die Schwere der Trauer zu verstehen. Dies ist leider nicht jedem klar. Es ist aber dennoch schön zu hören, dass es zumindest deine Freunde nachvollziehen können.

  6. @Tanzfledermaus, deine traurige Geschichte ist deckungsgleich mit meiner. Vor 3 Wochen mussten wir unseren Seelenkater Puck erlösen. 17 Jahre verbrachte er an unserer Seite, tagtäglich füllte er mit seiner Anwesenheit und Empathie den Raum. Nun kam also der Tag vor dem ich mich immer so fürchtete, Wir mussten ihn aufgrund von Altersbeschwerden und Krankheit bei uns zu Hause durch den TA erlösen und blieben noch lange danach bei ihm und streichelten ihn. Diesen letzten Liebesdienst haben wir unserem Seelenkater erwiesen. Die Trauer die ich momentan um ihn empfinde ist grenzenlos und sehr schmerzhaft. Ich bin noch lange nicht an dem Punkt, wo ich mit Freude und Gelassenheit an die vielen schönen Zeiten mit ihm denken kann. Mit ihm ist ein Teil von mir ebenfalls gestorben. Auch ich/wir haben schon Angehörige und Freunde verloren aber diese tiefe Trauer bei einem Verlust habe ich bis anhin noch nie so intensiv erlebt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert