Der Tod und der Holunder

Schwarzer Holunder (Bild: Willow; CC-BY-2.5-Lizenz)

Er dient als Nahrung, Heilmittel und soll Wohnort für Geister sein – aber bringt der Schwarze Holunder auch den Tod?

Im Winter wirkt er mit seiner knorrigen Rinde und den krummen Ästen morsch und tot, im Frühling erstrahlt er in üppiger, weißer Blütentracht und im Herbst trägt er schwarzviolette Beeren. Die Rede ist vom Schwarzen Holunder (Sambucus nigra), oft einfach nur Holunder genannt. Der Schwarze Holunder ist ein in Mitteleuropa häufig vorkommender Strauch von bis zu elf Metern Höhe, der auch oft in der Nähe menschlicher Siedlungen zu finden ist. Bei so einer auffälligen Pflanze überrascht es wenig, dass sich um ihn eine ganze Reihe von Sagen und Legenden entwickelt haben. So divers und teilweise widersprüchlich diese Überlieferungen auch sind, eint viele von ihnen, dass sie den Holunder mit dem Tod und dem Übernatürlichen in Verbindung bringen. So galt der Holunder der keltischen und germanischen Bevölkerung Europas vielfach als Wohnsitz von Geistern und Gottheiten. In vielen Gegenden war es daher verboten, einen Holunder zu fällen. Man glaubte, das Fällen ziehe Unglück oder den Tod an. Und noch bis heute wird gesagt, dass man den Strauch besser um Verzeihung bitten solle, wenn man seine Äste abbricht. Vor dem Haus wachsend gilt der Schwarze Holunder als ein Symbol des Lebens. Verdorrt er allerdings, so soll er den nahenden Tod eines Angehörigen prophezeien. Es heißt, wenn man sich unter einen blühenden Holunder schlafen lege, so sei man bis zum anderen Morgen tot. Und der Sage nach soll das Kreuz, an dem Jesus starb, aus Holunderholz gewesen sein und Judas soll sich, nachdem er Jesus verraten hatte, an einem Holunderstrauch erhängt haben.

Darstellung eines Baumgeistes im Holunder

Der Holunder spielte früher, zum Teil aber auch immer noch, eine wichtige Rolle bei verschiedenen Bestattungsritualen. Bei den alten Friesen war es Brauch, die Verstorbenen unter einem Holunderstrauch zu begraben. In anderen Gegenden nahm der Schreiner mit einem Holunderstab Maß für den Sarg und der Führer des Leichenwagens trieb seine Pferde mit einem Holunderzweig an. In Tirol ist es Sitte, dem Sarg ein Holunderkreuz („Lebelang“) voranzutragen und anschließend auf das Grab zu pflanzen. Erblüht das Kreuz, so gilt der Verstorbene als selig.

Der Schwarze Holunder besitzt große Blütenstände aus vielen kleinen, weißen Blüten, die dicht beieinanderstehen. Die Blüten verströmen einen sehr intensiven Duft, der starke Kopfschmerzen verursachen kann und möglicherweise zu der Legende inspirierte, dass eine Nacht unter dem blühenden Strauch tödlich sei. Selbst wenn er gefällt wurde, kann der äußerst robuste und schnellwachsende Holunder aus seinen Wurzelstöcken wieder neue Triebe bilden. Dank dieser Eigenschaft wurde er wahrscheinlich zu einem Sinnbild des Lebens und symbolisiert bei Bestattungsriten oftmals das Leben nach dem Tod.

Seit langem ist der Schwarze Holunder als Heilpflanze bekannt. Verschiedene Pflanzenteile enthalten Inhaltsstoffe, die auch heute noch bei Erkältungen, Nieren- und Blasenleiden sowie zur Stärkung von Herz und Kreislauf eingesetzt werden. So ist es gut vorstellbar, dass ein Holunderstrauch im Garten als wichtige Hausapotheke galt. Ein gefällter oder verdorrter Strauch bedeutete somit Unglück oder, wenn ein Erkrankter nicht behandelt werden konnte, vielleicht sogar den Tod. Verwendung finden die Blüten und Beeren des Schwarzen Holunders auch als Lebensmittel, so vor allem als Holunderlimonade oder Gelee. Jedoch ist Vorsicht geboten, denn bei rohem Verzehr sind fast alle Teile des Holunders giftig. Die Pflanze enthält nämlich den Inhaltsstoff Sambunigrin, aus dem während der Verdauung Blausäure freigesetzt wird. Der Verzehr unreifer Beeren kann bei Menschen zu Erbrechen, Krämpfen oder Durchfall führen. Erst wenn die Pflanzenteile erhitzt werden, zerfällt das Sambunigrin. Obwohl starke Vergiftungen mit Schwarzem Holunder äußerst selten vorkommen, ist sein Gift möglicherweise ebenfalls für eine Reihe der Legenden und Bräuche um den Strauch mitverantwortlich.

6 Gedanken zu „Der Tod und der Holunder

  1. Ich kenne Holunder bisher nur als Suppe (leckeeeeer!) und Getränk; noch nie gehört, dass sich so viel Aberglauben um diesen schönen Strauch rankt. Sehr interessant.

  2. Holunder, mancher Orts genannt: Holler (staude)
    Ableitung – Holler , Holle (<- Frau Holle!) = Hel die Totengöttin

    Von großelterns Kund ist mir noch bekannt das es frueher hieß; den Holler reißt man nicht aus und schneidet man nicht um.
    Von ander aelterer Quelle hoert ich dass man vor Ihr den Hut dreimal zu ziehen hat, Sie haette so starkes Gift mit dem Sie auch töten koenne.

    Mit einem Maipfeifferl ( im Mai saften die Sträucher, sind innen weich und lassen sich sehr leicht aushoelen) gemacht aus holler koenne man Feen und Elfen herbeirufen.
    Ich weiss aber nimmer wo ich das gelesen hab.
    :)

    Holundersuppe las ich zum ersten Mal, vielleicht ist es aber das gleiche wie der Hollerröster
    Die schwarzvioletten Beeren anrösten und verrueheren , zu einer art duennfluessigen Brei
    "lecker"

    Ein ♥ fuer den Holunder / Holler

  3. Ein aufschlußreicher und sehr sorgfältig recherchierter Beitrag über die altbekannte Universalheilpflanze Holunder. In einem älteren Buch habe ich schmunzelnd einen weiteren Fakt über den Holunder zur Kenntnis genommen, welchen ich Euch nicht vorenthalten will, zumal er so schön zu den kommenden Osterfeierlichkeiten passt:

    Wenn man am Gründonnerstag genau exakt zur Mitternachtsstunde eine Holunderzweig abschneidet und diesen aushöhlert, braucht man anschließend mit dem Zweig bewaffnet nur noch am Karfreitag in eine Kirche zu gehen. Angeblich soll er dazu dienen, während eines Gottesdienstes treffsicher anwesende Hexen zu enttarnen ;)

    Lg Anja

  4. Ein wirklich sehr interessanter Artikel. Ich bin erstaunt, dass so viel Brauchtum sich um den Holunder rankt.
    Ich weiß den Holunder sehr zu schätzen auf Grund seiner entgiftenden Eigenschaften und wie auch schon geschrieben wurde ist es ein wunderbares Mittel zur Immunsteigerung bei Erkältungskrankheiten. Es gibt vielerlei gute Rezepte für Tee oder Saft.
    Man sollte diesen Strauch in seinem Garten haben.
    Danke für den schönen Artikel und liebe Grüße
    Maria

  5. Guten Morgen :)

    Ich nutze auch den jungen frischen Blattsaft gegen Mückenstiche, oder kleine Schnittwunden zur Heilung.
    Die Blätter dazu einfach zwischen den Fingern zwirbeln bis der Saft heraustritt und direkt Blatt/Saft einstreichen.

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