Das Gift in der Kindernahrung

Erdbeerfröschchen (Oophaga pumilio) (Bild: Geoff Gallice; CC-BY-2.0-Lizenz)

Erdbeerfröschchen-Mütter statten ihren Nachwuchs mit einem chemischen Abwehrmechanismus aus.

Die meist leuchtend bunt gefärbten Baumsteigerfrösche (Dendrobatidae), auch Pfeilgiftfrösche genannt, sind für ihre starken Hautgifte bekannt. Diese Gifte bestehen aus einem spezifischen Cocktail verschiedener Alkaloide, wie beispielsweise dem Batrachotoxin, das auch für den Menschen ein tödliches Nervengift ist. Baumsteigerfrösche können ihre Gifte jedoch nicht selbst herstellen. Sie müssen alkaloidhaltige Gliederfüßer, zum Beispiel bestimmte Milben und Ameisen, fressen, um die Gifte in ihrer Haut anzureichern. So ist es auch bei den nur etwa zwei Zentimeter großen Erdbeerfröschchen (Oophaga pumilio) aus Mittelamerika. Wegen der zahlreichen giftigen Alkaloide in ihrem Körper werden diese Frösche von möglichen Fressfeinden gemieden.

Erdbeerfröschchen haben ein ungewöhnliches Brutpflegeverhalten. Nach der Paarung legt das Froschweibchen seine Eier zunächst im Laub ab. Danach bewacht der Vater das Gelege für einige Tage bis die Mutter zurückkehrt und die mittlerweile geschlüpften Kaulquappen jeweils in ein eigenes, kleines Wasserloch transportiert, zum Beispiel in den Blatttrichter einer Bromelie. Doch damit nicht genug; die Mutter besucht ihren Nachwuchs in der Folgezeit alle paar Tage und füttert ihn mit unbefruchteten Eiern, die sie extra für diesen Zweck ablegt. Bisher glaubte man, dass die Kaulquappen selber noch kein Gift besitzen und sich dieses erst anreichert, sobald die jungen Frösche beginnen, alkaloidhaltige Gliederfüßer zu fressen.

Eine weitere Farbvariante des Erdbeerfröschchens

Forscher um Jennifer Stynoski haben nun in einer Studie, die in der Fachzeitschrift Ecology veröffentlicht wurde, untersucht, ob Erdbeerfröschchen-Mütter ihren Nachwuchs nicht vielleicht schon über die unbefruchteten Eier mit Gift ausstatten. In einer Forschungsstation in Costa Rica zogen die Forscher Erdbeerfröschchen-Kaulquappen auf und fütterten diese entweder mit den unbefruchteten Eiern eines Erdbeerfröschchens oder mit den Eiern einer anderen Froschart. Danach untersuchten sie, ob die Kaulquappen giftig waren. Und tatsächlich konnten bei den Kaulquappen verschiedene Typen von Alkaloiden nachwiesen werden, wenn diese die Eier der Erdbeerfröschchen zu fressen bekamen. Wurden die Kaulquappen hingegen mit anderen Eiern gefüttert, besaßen sie kein Gift. Der Nachwuchs der Erdbeerfröschchen kann also selbst kein Gift produzieren, erhält dieses aber bereits durch die regelmäßigen Fütterungen der Mutter mit den Eiern.

In ihren beengten Wasserlöchern müssen die kleinen Kaulquappen zahlreiche Räuber fürchten. Ob ihr Gift potentielle Feinde abwehrt, wurde an dem Verhalten einer räuberischen Ameise untersucht. Die Forscher konnten zeigen, dass die Kaulquappen des Erdbeerfröschchens neunmal seltener von den Ameisen angegriffen wurden als die ungiftigen Kaulquappen einer ähnlich großen Froschart. Die Alkaloide der Kaulquappen scheinen also kleinere Fressfeinde durchaus abwehren zu können. Die Erdbeerfröschchen sind somit das erste bekannte Beispiel dafür, dass Mütter ihren Nachwuchs über eigens produzierte Nahrung mit einem effektiven chemischen Abwehrmechanismus ausstatten.

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