Blüte lockt mit Todesduft

Pfeifenblumen der Art Aristolochia rotunda betrügen ihre Bestäuber. (Bild: Birgit Oelschlägel)

Um Bestäuber anzulocken, imitieren Pfeifenblumen den Geruch von Wanzen in Lebensgefahr.

Viele Pflanzen sind auf Tiere als Bestäuber angewiesen. Dabei übertragen Insekten, mitunter aber auch Vögel oder Fledermäuse, den Pollen von Blüte zu Blüte, wodurch die Pflanzen befruchtet werden. Die Bestäuber bekommen im Gegenzug meist Nahrung, beispielsweise süßen Nektar, der von den Pflanzen eigens für diesen Zweck produziert wird.

Einige Pflanzen betrügen ihre Bestäuber jedoch, denn sie bieten nicht die erwartete Gegenleistung. Damit die Bestäuber die Blüten trotzdem besuchen, müssen sie ausgetrickst werden. Dazu ahmen diese sogenannten Täuschblumen zum Beispiel Aussehen und Geruch von Insektenweibchen oder von Nahrung nach. So sieht die Blüte der Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera) wie ein Insekt aus und verströmt einen Duft, der den weiblichen Sexualhormonen von Grabwespen ähnelt, um männliche Grabwespen anzulocken. Andere Blüten verbreiten hingegen den Gestank von verderbenden Früchten oder von Aas und wirken so beispielsweise auf Fliegen oder Käfer anziehend.

Wer in die Blüte solch einer Pfeifenblume hineinkrabbelt, bleibt eine Weile dort gefangen. (Bild: Birgit Oelschlägel)

Auch die Pfeifenblumen (Aristolochia) betrügen ihre Bestäuber. Ihre Blüten haben sich dafür zu regelrechten Fallen entwickelt, welche angelockte Insekten in ihrem Inneren gefangen halten, damit sie die Blüten befruchten und anschließend mit Pollen bedeckt werden. Erst nach einigen Tagen werden die Bestäuber wieder frei gelassen. Über die exakten Duftkomponenten im Lockstoff der Pfeifenblumen und über ihre genauen Bestäuber war bislang allerdings kaum etwas bekannt. Die Wissenschaftlerin Birgit Oelschlägel und ihre Kollegen haben die Bestäubung der Pfeifenblumenart Aristolochia rotunda nun genauer untersucht und ihre Arbeit in der Fachzeitschrift New Phytologist veröffentlicht.

In ihrer Studie untersuchten die Forscher zunächst, welche Insekten in den Blüten gefangen wurden und ob die gefangenen Insekten Pollen auf ihren Körpern trugen und den Pflanzen so potentiell als Bestäuber dienten. Es zeigte sich, dass die meisten der pollentragenden Insekten im Inneren von Pfeifenblumen-Blüten Fliegen der Art Trachysiphonella ruficeps aus der Familie der Halmfliegen waren. Doch was lockte diese Fliegen ins Innere der Blüten?

Weichwanzen sondern bei Gefahr ein streng riechendes Sekret ab. (Bild: Mick Talbot; CC-BY-2.0-Lizenz)

Mittels Gaschromatographie, einer Methode zur Analyse von Stoffgemischen, untersuchten die Forscher, welche einzelnen Komponenten im Duft der Blüten enthalten waren. Dabei stellten sie fest, dass sich viele Komponenten des Blütenduftes auch in dem streng riechenden Abwehrsekret von Weichwanzen (Miridae) finden lassen. Ihr Sekret geben diese Wanzen unter Lebensgefahr ab, etwa während sie von Räubern, wie Spinnen oder Gottesanbeterinnen, angegriffen und verspeist werden. Die Halmfliegen der Art Trachysiphonella ruficeps ernähren sich von Weichwanzen. Sie können die Wanzen allerdings nicht selbst erbeuten, sondern stehlen größeren Räubern, die eine Wanze gefangen haben, einen Teil ihrer Beute. Wenn also beispielsweise eine Gottesanbeterin eine Weichwanze frisst, eilen die Halmfliegen herbei, um ebenfalls von der Wanze zu fressen.

Um zu untersuchen, welche Wirkung die bei Pfeifenblumen und Wanzen vorkommenden Duftkomponenten auf Halmfliegen haben, setzten die Forscher Klebefallen ein. Dabei präparierten sie Fallen mit den Duftkomponenten sowie mit frisch getöteten Weichwanzen. Auf beiden Typen von Klebefallen landeten im Experiment zahlreiche Halmfliegen. Es handelte sich um dieselbe Art, die auch in den Blüten gefunden wurde. Die Halmfliegen verlassen sich bei ihrer Nahrungssuche also offenbar auf die speziellen Duftkomponenten. Sie scheinen dabei nicht erkennen zu können, ob der Geruch tatsächlich von einer Wanze im Todeskampf stammt oder lediglich der Trick einer Täuschblume ist.

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